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Mehr Orte für Viele!

Orte für viele brauchen neue Ideen

Orte der Begegnung stärken das soziale Miteinander 

Es gibt in unseren Städten und Dörfern viele Orte, die kaum belebt sind. Über die privaten Räume hinaus, über deren Nutzung die Eigentümer:innen verfügen, laden auch viele vermeintlich öffentliche Räume kaum zum Verweilen ein und versagen als Orte des sozialen Miteinanders. Sie sind nicht so gestaltet, dass ein Aufenthalt angenehm ist und sich Menschen beiläufig begegnen. Manche der Orte, an denen man sich trifft, verschwinden auch nach und nach, insbesondere in den kleineren Gemeinden und ländlichen Räumen, wo die Menschen älter und weniger werden. Läden und Gaststätten schließen, Vereine lösen sich auf, Bahnhöfe verwaisen und auch Kirchen öffnen in einigen Orten nur noch selten ihre Türen.
 
Wir brauchen sie aber – die Orte für Viele, die Orte, die Gesellschaft und das Mitein- ander aktivieren. Denn es ist gefährlich, wenn Ort fehlen oder schwer zu-gänglich werden, wo man als Teil der Gemeinschaft sozialisiert wird. Ein lebendi-ges Dorfle- ben braucht „Orte für Viele“. Orte, an denen sich die täglichen Wege kreuzen. An der Kasse, beim Bäcker oder in der Eisdiele grüßt man sich, kommt ins Gespräch und tauscht Neuigkeiten aus. Diese Orte der beiläufigen Begegnun-gen sind sozialer Kitt und stärken das soziale Miteinander. 
Über Orte der zufälligen sozialen Interaktionen hinaus braucht es Räume, deren Nut- zung nicht durch Konsum programmiert sind, die allen zugänglich sind und die Demokratie und Teilhabe stärken. Orte, die Menschen unterschiedlicher so-zialer Schicht, Herkunft und Generationen zusammenführen. Räume, in denen demokrati- sche Praxis gelebt wird und die dazu anregen Verantwortung für die Gemeinschaft und das Umfeld zu übernehmen. 

LeerGut: Chance, lebendige Orte zu schaffen 

›Orte für Viele‹ tragen dazu bei, dass Menschen sich für ihre Umwelt engagieren. Hier tauscht man sich aus, diskutiert über Missstände und Lösungen. Gerade auf dem Land ist das ehrenamtliche Engagement ein wesentlicher Garant für Lebensqualität. Und es verbessert die demografischen Aussichten. Denn das Gefühl der Selbstwirksamkeit und die Erfahrung, die Entwicklung vor Ort positiv beeinflussen zu können, stärken das lokale Selbstbewusstsein und binden Menschen an ihre Region. Derart lebendige Orte ziehen potenzielle Zuzügler an. Sie stärken auch den demokratischen Zusammenhalt. Dieser Mehrwert wird in den letzten Jahren immer wichtiger. Denn in ländlichen wie städtischen Räumen ist die demokratische Verfasstheit und das solidarische Selbstverständnis angreifbarer geworden.

›Orte für Viele‹ brauchen neue Ideen. Sie können in bereits vorhandenen, oftmals leeren oder untergenutzten Gebäuden entstehen, an Orten, die für andere, inzwischen obsolete Nutzungen programmiert waren – wie Schlösser, Bahnhöfe, Schulgebäude, Ladengeschäfte oder Kirchen. Das gesamte Inventar in Stadt und Dorf aus vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten ist bereit, neu aktiviert zu werden. Es ist LeerGut im besten Sinne. Doch damit daraus wirklich ein Gut wird, braucht es neue Ansätze, sie wieder mit Leben zu füllen. Auch kluge Organisationsformen und Betreiberstrukturen sind nötig. Insbesondere bei Projekten, die sich der Daseinsvorsorge und dem Gemeinwohl verpflichten, muss es möglich sein, andere Maßstäbe und Werte als eine klassische Rendite anzusetzen. 

Einblicke in die Praxis

Engagement braucht Aussicht auf Erfolg

›Orte für Viele‹ entstehen dort, wo Ideen und Engagement auf die richtigen Bedingungen treffen. Menschen, die bereit sind, sich einzusetzen, müssen ermutigt und verlässlich begleitet werden. Räume, die sich als Orte für Viele eignen und aktivieren lassen, müssen geöffnet, arrangiert, saniert oder umgebaut werden können. Und letztlich bedarf es einer Perspektive, die eine Ver­stetigung in Aussicht stellt. Kommt all dies zusammen, schaffen gemeinsame Anstrengungen neue Orte der Gemeinschaft.

Engagierte Menschen füllen Räume der Begegnung mit neuem Leben. Menschen, die sich für Gemeinschaft, Demokratie und deren Werte einsetzen sind ebenso wichtig wie die Orte, an denen sie wirken können. Damit sie sehen, dass ihre Arbeit sich lohnt und etwas bewirken kann, sind spürbare Erfolge wichtig: Rasche Ergebnisse verdeutlichen die Wirkung des eigenen Tuns und ermuntern zum Weitermachen. Sie lassen sich erzielen, wenn man an vorhandene Ressourcen andockt und Räume oder Gebäude aktiviert, die bereits stehen und in kurzer Zeit neu genutzt werden können.

Hier sind kleine Projekte im Vorteil. Sie haben eine nicht zu unterschätzende Wirkung. Sie führen rascher zu Ergebnissen, die Selbstwirksamkeit erleben lassen und Gemeinschaft stärken. Dann fällt es leichter, Projekt­ strukturen aufzubauen und weitere Kompetenzen ein­ zubinden. Zudem können kleine, rasch umsetzbare Projekte größeren Projekten den Weg bereiten, Vertrauen und Erfahrungswissen aufbauen.

Verwaltung mit Innovationsfreude und Mut

Immer wieder zeigt sich, wie wichtig es ist, dass kommunale Verwaltungen sich auf Ungewöhnliches einlassen und den Mut haben, Ideen aufzugreifen, auf die ihre Strukturen nicht ausgerichtet sind. Das bedeutet, dass die Menschen in den Verwaltungen offen dafür sind, Ermessensspielräume zu sehen und zu nutzen. Dasheißt auch, dass mitunter verschiedene Abteilungen der Verwaltung an einem Strang ziehen müssen. Dann öffnen sich neue Perspektiven. Wesentlich ist dabei auch, dass Aktive der Zivilgesellschaft auf Augenhöhe mit den kommunalen Verantwortlichen kommunizieren können und die Verwaltungen sich als ›Türöffner‹ und ›Ermöglicher‹ verstehen. Die Erfahrung zeigt, dass Förderungen sich nie allein auf Finanzierung reduzieren sollten. Viel wichtiger ist, Aktive langfristig und ideell zu begleiten und zu unterstützen und Bürger:innen in Planungsprozesse einzubeziehen.

Viele Ideen unter einem Dach

Um Kräfte und Ressourcen zu bündeln, ist es sinnvoll, multifunktionale Orte zu fördern. Solche hybriden Orte sind nicht nur Begegnungsräume, die Menschen mit verschiedenen Anliegen zusammenführen, sie reagieren auch darauf, dass die Nachfrage oftmals nicht ausreicht, um Räume mit nur einer Funktion zu bespielen.

Beispielsweise sind Kirchen kleiner Gemeinden häufig untergenutzt. Auch in Thüringen verlieren Kirchengemeinden immer mehr Mitglieder. Zugleich steht ein Großteil der Kirchen hier unter Denkmalschutz, sodass ihr Erhalt außer Frage steht. In einem mutigen Transformationsprozess der Evangelischen Kirche in Mittel­deutschland entstanden in Zusammenarbeit mit der IBA Thüringen seit 2016 Modellprojekte, um ergänzende Nutzungen für die Vielzahl der bestehenden Kirchenräume zu entwickeln. Eines dieser Konzepte sind die HER(R)BERGSKIRCHEN Thüringer Wald entlang des Rennsteigs, die es ermöglichen, in den Kirchen zu übernachten. In vier Kirchen wurden hier mit kleinen Eingriffen besondere Schlafplätze realisiert, die weder die religiösen Abläufe noch das Gemeindewesen stören. Sie ergänzen vielmehr den Kirchenalltag, führen zu Begegnungen zwischen Besucher:innen und Gemeindemitgliedern und bereichern beide Seiten um neue Eindrücke und Impulse. Die Nachfrage nach den ungewöhnlichen Übernachtungsangeboten ist groß, was sich auch positiv auf das Engagement der Gastgeber:innen und die Pflege der Kirchengebäude auswirkt.

Digitale Dimension gemeinschaftlicher Orte

Auch technische und digitale Möglichkeiten können dazu beitragen, dass belebte Treffpunkte entstehen. Klug eingesetzt, schaffen sie gemeinschaftliche Orte, stärken das soziale Miteinander und bereichern das Stadt­ und Land­ leben. Der Wettbewerb ›Land und Leute — Dörfer und Kleinstädte im digitalen Aufbruch‹ der Wüstenrot Stiftung zeigt, wie Landbewohner:innen mit Tatkraft und Ideen digitale Möglichkeiten nutzen. Dazu zählen etwa eine ehemalige Tischlerei, in der heute wöchentlich Menschen zusammenkommen, um ihre zuvor online bestellten, regionalen Waren abzuholen oder Räume, in denen Jugendliche digitale Medien testen, eigene Talksendungen produzieren, selbstgedrehte Videos aufzeichnen oder ein digitales Festival streamen. Auch ländliche Pop-up-­Stores für das lokale Kunsthandwerk oder Nahversorgungsangebote rund um die Uhr mit Mittagstisch und Gemeinschaftsräumen gehören dazu.

Ko-Produktion auch in etablieren Planungsprozessen

Um ›Orte für Viele‹ zu schaffen, kommen in der Praxis bereits erfolgreich Formate der Kollaboration zum Einsatz, die dafür sorgen, dass die Räume vor Ort verankert sind und vielfältige Ideen und Expertise einfließen können.
Die Möglichkeiten sollten auch in etablierten Planungsprozessen ausgeschöpft werden, da jedes Projekt eine eigene Logik hat. Das setzt voraus, dass auch ausprobiert werden darf. Ko­produktive Stadtentwicklungsprozesse sorgen dafür, dass Orte angenommen werden und reale Bedarfe im Mittelpunkt stehen.
Zentral ist, dass die Rollenverteilungen geklärt werden, damit sie strategisch ineinandergreifen können: Bottom-up-­Prozesse, in denen neue Ideen passend zum Ort und entsprechend der Bedürfnisse der Menschen entstehen, lassen sich mit dem klassischen Instrumentarium der Stadtplanung begleiten. Die Menschen aus Verwaltung und Politik können Kompetenzen und Wissen um Förderkulissen einbringen oder beim Öffnen von Räumen oder Gebäuden helfen. Gestaltende sollten immer die Menschen vor Ort bleiben, während die Planung unterstützt und ermöglicht. Eine Grundvoraussetzung dieser Art von Kooperation und Beteiligung ist ein neues Verständnis von Projektentwicklung. Nicht das Abarbeiten aufgestellter Masterpläne steht hier im Zentrum, sondern ein ergebnisoffenes Unterstützen und Aktivieren.

Kulturelle Qualitäten der Orte nutzen

Orte für Viele können in zentralen, leerstehenden Gebäuden entstehen oder in Gebäuden, die temporär untergenutzt sind. Beispiele für ersteres sind etwa innerstädtische Ladenflächen in Erdgeschossen oder aufgege­bene Bahnhöfe. Nur zeitweise nicht ausgelastete Räume, die neue Nutzungen finden, sind oft Schulen, die nach Schulschluss geöffnet werden, Gemeindezentren, Rathäuser, Bürgerämter, Festsäle oder sogar Bushaltestellen. Mit solchen Räumen verbinden die Menschen häufig Erinnerungen. Auch haben Gebäude oft eine gewachsene Bedeutung im Dorf. Wichtig ist, diesen früheren Funktionen Aufmerksamkeit zu schenken. Um Bestände zu aktivieren, sollte man also nicht nur deren materielle Qualität betrachten, sondern sie auch als soziale und kulturelle Orte verstehen. Welche Rolle spielte ein Ort früher? Welche kulturellen Qualitäten birgt er? Wie sind die Menschen heute noch mit ihm verbunden? Welche Erinnerungen haben sie an ihn? Diese Fragen helfen, die richtige Strategie für den Umgang mit einem Ort zu finden.

Orte für Viele sind inklusiv und solidarisch

Orte für Viele sind kollektive Ressourcen, sie sollten jenseits von Partikularinteressen entwickelt und betrieben werden. Dafür braucht es mehr Vielfalt in den Methoden und Strategien von Planungsprozessen, mehr Transparenz und Vermittlung in Verfahren, so viel Kreativität wie möglich in den Prozessen und generell mehr Koproduktion. Raumproduktion könnte insgesamt als Daseinsvorsorge begriffen werden, da die CO2-Einsparziele der Baubranche einen erheblichen Anteil am Erfolg der Klimaschutzmaßnahmen haben. Ohne nachhaltige Lösungen für Planungs-­ und Baumaßnahmen kann das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 nicht erfüllt werden, mit spürbaren Auswirkungen auf jede und jeden von uns.

Inklusion ist daher ein wesentlicher Bestandteil dieser sozialen Raumpraxis, bei der es darum geht, Teilhabe zu ermöglichen und die räumliche Transformation gesamt­gesellschaftlich zu organisieren. Eine gerechte Raumproduktion verhindert soziale Ungleichheiten, erkennt marginalisierte Realitäten an und definiert Gemeinschaft und Gemeinwohl neu. Auch andere Planungs-­ und Prozessstrukturen gehen damit einher. Solidarische Risikogemeinschaften bilden diese Realität ab — unter der Zielstellung von Gemeinwohl arbeiten dabei Konstellationen aus Planenden, Nutzer:innen mit jeweils geeigneten Finanzierungs-­ und Betreibermodellen. Diese Praxis bedeutet Risiko und Engagement auf allen Seiten, ermöglicht damit aber auch langfristige Sicherheit und Mitsprache.

Chancen und Lösungen

Kompetenz als Ressource zugänglich machen

Wissen und Erfahrung sind wichtige Ressourcen. Damit Wissen und Kompetenz verfügbar werden bieten sich Netzwerke und Kompetenzteams an. Diese können als Anlaufstelle bei Fragen helfen, wenn es etwa um Gestaltung, Finan­zierung, Betreibermodelle, Verwaltungskenntnisse oder Bauvorschriften geht. Sie machen Erfahrungswissen zu­gänglich und stärken Engagement. Fachplaner:innen oder Architekt:innen können Netzwerke als Teil eines Kompetenzteams begleiten.
In Thüringen gründete sich beispielsweise 2018 als lan­desweit agierende Struktur das Netzwerk der LeerGut­-Agentinnen und -Agenten, die Initiator:innen bei der Ent­wicklung von leerstehenden Häusern unterstützen und bei Finanzierungs-­ und Trägermodellen für gemeinwohl­orientierte Immobilien beraten. Darüber hinaus bieten sie Weiterbildungen für Mitarbeiter:innen von Verwaltung an und sensibilisieren für eine Umbaukultur und Koproduktion. Das Netzwerk versteht sich auch als Lobby für die Um-­ und Wiedernutzung von Häusern und Brachen in Thüringen.

Förderung überfordert viele Initiativen

Ein schweres Hemmnis bei der Entwicklung von ›Orten für Viele‹ ist die Lücke zwischen engagierten Akteur:innen, die Orte gemeinsam und mit guten Ideen im Sinne eines gemeinschaftlichen Mehrwerts entwickeln wollen einerseits, und einem regulierten System mit festen Strukturen andererseits. Dabei erweist sich insbesondere die Akquise und das Abrechnen von Förderungen oft als zu bürokratisch und aufwändig. Hinzu kommt, dass viele Förderprogramme kaum flexibel auf Veränderungen reagieren können. Sie sind häufig auf ein vorab festgelegtes Projekt ausgerichtet. Auch fehlt Fördermittel­geber:innen meist der direkte Kontakt zu den Bedürfnissen und Verhältnissen vor Ort. Neben mangelnder Ergebnisoffenheit stellen Kooperationen oft noch eine große Herausforderung dar. In der Folge scheitern Projekte, oder es schwindet schon im Vorfeld der Mut, sie anzugehen.
Förderungen müssen Bedarfen und Möglichkeiten vor Ort besser gerecht werden. Hier kann unter anderem ›kleines Geld‹ helfen, das unkompliziert zu beantragen und abzurufen ist. Gerade in der Initiierungsphase wür­den so Impulse gesetzt und Vertrauen in die Zusammenarbeit zwischen Engagierten und Verwaltung geschaffen werden. Zudem sollten Förderungen so programmiert werden, dass sie auch solche Vorhaben erreichen, die auf verschiedene Nutzungsarten zielen und ihren Wert auf mehreren Ebenen entwickeln. Vor allem sollten Förderungen nicht allein auf Projekte zugeschnitten sein, sondern auch andere Vorhaben in den Blick nehmen.

Die ›Projektitis‹ stresst alle. Vor institutionellen Förderungen schrecken die öffentlichen Haushalte zurück, vor wiederkehrenden Ansprüchen auch die privaten Stiftungen. Deshalb müssen neue Regeln gefunden werden, damit Vorhaben sich verstetigen können.

Auch die Kontrolle über die Verwendung von Mitteln muss neu gedacht werden, damit unvorhersehbare Entwicklung möglich und nicht zu einem Problem wird. Beratungsstrukturen können als Alternative zum komplizierten Abarbeiten der Regelwerke eingesetzt werden. In den üblichen Abläufen und Förderungen ist ein Scheitern als Weg zu einer guten Lösung nicht vorgesehen, Lern-­ und Erfahrungsräume werden aktuell nicht eröffnet. Es muss daher gezielt nach Spielräumen gesucht werden, in denen eine Kooperation offen und ohne Ergebnis­ und Zeitdruck erprobt werden und die Kommunikation aufgebaut werden kann. In Reallaboren bzw. Experimentalräumen lässt sich die Verantwortung in die Hände der Akteur:innen vor Ort legen — wobei darauf zu achten ist, dass sie räumlich nicht zu eng und zeitlich nicht zu kurz angelegt werden.

Die Verwaltung muss Engagierten vertrauen

Engagierte aus der Zivilgesellschaft und aus der Verwal­tung müssen lernen, im Vertrauen miteinander zu arbei­ ten. Transformationsaufgaben stellen für alle Neuland dar, und deren ko­produktive Bearbeitung muss einge­ übt werden. Engagierte Menschen sind das soziale Kapi­ tal unserer Gesellschaft, Vertrauen und Unterstützung von Seiten der Kommunen und Fördergeber:innen sind hier gut aufgehoben. Nur durch gemeinsames Engage­ ment entstehen nachhaltige, lebenswerte Gemeinden.Wir benötigen eine Kultur der Mutigen und eine Praxis für Mutige. Das bedeutet, veränderungsbereite Men­ schen und ihr Engagement mit einem Vertrauensvor­ schuss, praktischer Wegbegleitung und politischer Rückendeckung zu versehen. Auch Intermediäre wären ein großer Mehrwert — als Vermittlungsinstanz wie als verlässliche Partner:innen. Derzeit ist diese Rolle meist nicht vorgesehen, es fehlt die Vorstellung davon, wer sie einnehmen könnte. In der Regel ist sie auch nicht durch eine Förderung finanzierbar.

In Menschen investieren: Die Leistungsphase 0

Die Verknüpfung von lokalen Ressourcen wie Räumen, Menschen oder Strukturen ist in der konventionellen Förderlogik nur unzureichend abgebildet. Diese konzentriert sich in der Regel auf befristete Ausgaben, oftmals zudem nur in den Gebäudebestand. Es ist eine wichtige Erfahrung, dass es sich lohnt, das Geld zuerst in Menschen zu investieren: in Konzepte, Workshops, Bedarfsanalysen — in die sogenannte Phase 0. Sie muss aufgewertet und gesichert werden, denn sie trägt maßgeblich dazu bei, dass Mittel zielgerichtet eingesetzt werden für das, was wirklich gebraucht wird. Sie ermöglicht, dass Kompetenzen gezielt angefragt und eingesetzt werden. Bevor schließlich in Steine und Gebäude investiert wird, sollte klar werden: Welche Personen, welche Gruppen nutzen das Gebäude? Wo gibt es Defizite? Was will man ändern? Wer hat welche Anliegen? Hierfür ist ein temporäres ›Vor­ Ort­ Büro‹ hilfreich, das mit geschulten Mitarbeiter:innen die erste Initiierung begleitet.