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Aufbau des blauen Ballons für das StadtLand Forum, Foto Thomas Müller

Kollektives Transformieren!

Wie Raum und Format zusammenwachsen

Die aktivierte Fläche

Die zwei Hektar große Freifläche am Eiermannbau in Apolda birgt eine bebaute Geschichte industrieller Produktion. Nachdem 2005 alle Gebäude — bis auf Eier­mannbau und Winkelbau — abgerissen worden waren, verwilderte das übrige Grundstück zur Sukzessionsland­schaft mit hoher biologischer Vielfalt. Unterstützt durch einen Beteiligungsprozess wurde 2020/21 ein behutsa­mes Freiflächenkonzept mit identitätsstiftender Minimalstruktur und freiem Entwicklungspotenzial für zukünftige Nutzer:innen entwickelt. 2022 wurden die grundlegen­den Maßnahmen des Konzepts realisiert. Im März 2023 gaben die Interventionen des Kollektivs raumlabor das Startsignal für die Aktivierung der Fläche.

Aus wiederverwendeten lokalen Materialien wurden für das StadtLand Forum vier unterschiedliche Veranstaltungsflächen, sogenannte Plattformen geschaffen. Deren räumliche Qualitäten beziehen sich auf ihre grüne Umge­bung, heben sie gleichzeitig hervor und schaffen wand­lungsfähige Plätze, um sich zu versammeln, miteinander zu debattieren sowie Positionen und Projekte vorzustel­len. Jede der vier Plattformen ist andersartig gestaltet und ermöglicht unterschiedliche Nutzungen — da wo die Arena das Gespräch und die Debatte anregt, schafft die Info-Plattform einen Ort zum gemeinsamen Arbeiten und Informieren und die Tribüne bietet Ausblick und ist zu­ gleich Ruhepol. Die Plattformen sind erste Orte der Frei­flächen-­Aneignung. Ihr öffentlicher Charakter trägt dazu bei, das Areal weiter zu entwickeln.

Die soziale Praxis

Bei der ersten Veranstaltung des StadtLand Forums wurden die von raumlabor realisierten Plattformen auf der Freifläche und weitere Bereiche im Eiermannbau für die Begegnungen, den Austausch und die Debatten vorbereitet und erprobt. Dazu initiierten die Kollektive raumlabor und Belwerk gemeinsame Aktivitäten mit dreizehn Studierenden und Absolvent:innen: Es wurde gebaut, geknüpft, gekocht, diskutiert, gegessen und aufgeräumt. Im prakti­schen Tun und in der Auseinandersetzung mit dem Ort konnte auch bis dahin Ungeplantes verwirklicht werden; so wurde etwa eine Tischtennisplatte gebaut.
Eine Praxis spielerischer und vergnüglicher Tätigkeit entstand: Der offene Gestaltungsprozess gelang, weil ausprobiert und Fehler gemacht werden durften. Alle Beteiligten haben voneinander gelernt, Prozess und Möglichkeiten reflektiert und Ideen gemeinsamen weiter­ entwickelt. Die aktivierte und belebte Freifläche wurde so zu einem kommunikativen und gut zu nutzenden Forumsort für den Wissenstransfer und den Austausch über das StadtLand. Es war spannend zu erleben, wie schnell die Teilnehmenden des ersten Forums zu Gastgeber:innen wurden und sich den Eiermannbau zu ihrem Zuhause auf Zeit machten.

Die Tools

Für die Nutzung der einzelnen Plattformen entwickelten die Akteur:innen des ersten Forums farbige Aktivierungselemente, sogenannte Tools. Sie fertigten Tische und Bänke aus gelben Schalungsplatten der Firma Doka, die einen großen Logistikstandort im Gewerbegebiet Apolda betreibt. In einem konzeptuellen und handwerklichen Gemeinschaftswerk — einer Architekturperfor­mance gleich — knüpften sie zusammen einen großen blauen ›Debatten‹-­Teppich aus gespendeten Jeans des Apoldaer Sortierwerks Texaid. Ein eindrücklicher blauer Ballon mit schattenspendender Schürze diente dazu, einen begehbaren Raum zu überdachen und das weit sichtbare Zeichen ›Kommt hierher!‹ auf den Plattformen zu setzen. Das performative Objekt entstand in einem experimentellen Entwicklungsprozess. Jede Plattform hatte ein Gerüst, an dem der Ballon verankert werden konnte. So wanderte er über das Gelände, markierte den jeweils aktuellen Debatten-­Schauplatz und sorgte für Belebung und Bewegung auf der Fläche. Dabei wurde das ausgesonderte Material des tschechischen Unter­nehmens Kubicek Balloons und ein Raketenofen genutzt.
Alle Tools wurden vom Kollektiv raumlabor konzeptio­nell entwickelt und gemeinsam mit Belwerk und den Akteur:innen des ersten Forums weiter entwickelt und in Nutzung genommen. So entstand an einem besonderen Ort ein pulsierendes Forumsetting, das zur gemein­samen Aneignung und Interaktion anregte und den Rah­men für die vielfältige Auseinandersetzung mit dem StadtLand setzte.
An den drei letzten Tagen der ersten Forumsveranstaltung wurden die Gesprächs­ und Debattenformate erprobt. So konnten für alle weiteren Veranstaltungen Erfahrungen mit dem Setting und den Abläufen gesammelt werden. Auch die einzelnen Formate des Austauschs und der Vermittlung wurden erstmals getestet und anschließend weiterentwickelt. Inhaltlicher Schwerpunkt waren kollektive und kooperative Entwicklungen und die Kraft, die in diesem gemeinsamen Handeln und Aushandeln steckt.